Sonntag, 31. Juli 2011

Meileinstein

Wir sind jetzt bei 37+0 angelangt, sprich der Krümel gilt ab heute aus rein medizinischer Sicht als vollwertiger, sprich termingerechter Keks und da lacht das Mutterherz doch.

Vor uns liegen noch drei Wochen. 21 Tage. Vielleicht weniger, auf keinen Fall mehr.

Ich kann seit nunmehr knapp einer Woche ohne vorherige Insulindosis nächtigen und heute morgen verleibte ich mir zum ersten Mal seit geraumer Zeit Frühstück ein, ohne vorher die Nadel zu setzen. Der pure Luxus und beruhigend obendrein, denn würden die Wehen ausgerechnet Abends/Nachts/Morgens einsetzen und es würde Langzeitinsulin durch meine Blutbahn rauschen, wäre das eher unschön und eine Hypoglykämie die vermutliche Folge. Und wer mag schon vor sich hinwehen, sich alle naslang in den Finger pieksen und Traubenzucker futtern? Also ich nicht.

Mittwoch lass ich mir von Frau Doktor erzählen, ob mein Körper sich wohl so langsam mal gewillt zeigt, die Geburt in Angriff zu nehmen. So richtig daran glauben mag ich nicht. Dafür ist der Wunsch zu groß und die etwaige Enttäuschung zu schmerzhaft. Dabei geht es mir gar nicht darum, dass der Keks jetzt und auf der Stelle die Verpackung zu verlassen hat, weil ich keinen Bock mehr habe oder so ungeduldig bin und so neugierig auf ihn. Von mir aus soll er sich alle Zeit nehmen, die er braucht, um sich uns zu zeigen und es mit der Welt aufzunehmen. Aber mit der drohenden Einleitung im Genick steigt eben der Wunsch, sie müsse nicht alles auf einmal erledigen - verkürzen, erweichen, öffnen. Es wäre einfach so schön, würde man ihr wenigstens ein bisschen Arbeit abnehmen und müsse sie nur etwas anstupsen, das doch sowieso kurz vor dem Anrollen steht.

Der Mann sagte gestern: "Du wirkst einfach nicht wie eine Frau, die in spätestens drei Wochen ein Kind kriegen wird." Und er hat Recht. So fühl ich mich auch nicht. Trotz des quasi dauerharten Bauchs, des menstruationsähnlichen, schmerzlichen Ziehens im Rücken, des Ziehens in der Leiste, des Drucks/Schmerz' über der Blase und der Wehen, die mir neulich eine frische Ananas bescherte (ja, ahnt man denn sowas?!)

Mein Verstand ist nicht zwingend der schnellste. Ich fürchte, er hat noch nicht so recht zu fassen gekriegt, was gerade mit uns geschieht und geschehen wird. Und vielleicht fürchte ich deshalb, mein Körper könne es ihm gleich machen. Neulich telefonierte ich mit meiner Frau Mama und sagte: "Vielleicht kann mein Körper ja gar keine Wehen machen" und sie lachte. Mein Körper habe die letzten Monate so großartiges geleistet, da könne ich ruhig ein bisschen mehr Vertrauen haben. Und sie hat ja Recht, wer hätte schon gedacht, dass das unförmige Ding vielleicht nicht zwingend das schönste Model seiner Gattung ist, aber dafür sehr funktionstüchtig? Das ist doch was wert. Das verdient es doch gewürdigt zu werden. Mein Körper kann was. Er hat ein Baby gebacken. Da bin ich stolz drauf.

Also versuch ich den Funken Glauben an meinen Körper weiterhin zu schüren und sowas wie das Leuchtfeuer von Gondor daraus zu machen.

Man wird sehen, man wird sehen - am Ende zeigt's die Zeit und von dem ewigen Im-Kreis-Gedrehe wird mir auf Dauer bloß übel.

Hachja, zehn Minuten auf den Bus warten müssen ist das eine, 40 Wochen auf ein Baby was ganz anderes. Wer hätte das gedacht, hm?

Freitag, 29. Juli 2011

Freitags Füller




1. Es kann doch nicht wahr sein, dass die Küche schon wieder aussieht wie Hulle.

2. Wer doof zu meiner Miezmiez ist, der macht sich unbeliebt bei mir.

3. Sahne + Apfelkuchen = Lecker.

4. Der Mann muss heute lange arbeiten und mag nicht.

5. Mein Lieblingskleidungsstück wartet im Schrank darauf nach Monaten endlich mal wieder von mir getragen zu werden.

6. In der U-Bahn kann man gut Leute beobachten.

7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf möglichst erholsamen Schlaf, morgen habe ich einen Besuch im Quarree geplant und Sonntag möchte ich schönes Wetter, bitte!

Mittwoch, 27. Juli 2011

Vom Nestbautrieb und meinen Großeltern

Ich hab drei Stunden lang die Küche gewienert und auf Hochglanz gebracht, inklusive des Küchenfensters. Jetzt bin ich ausgesprochen erledigt und höchstens noch bereit, die Wäsche von der Leine zu nehmen, die Spülmaschine im Laufe des Tages auszuräumen, später des Tages zur letzten Stunde des Geburtsvorbereitungskurses zu watscheln und meine Oma anzurufen. Die hat heute nämlich Geburtstag und ich möchte es mir auf keinen Fall nehmen lassen, ihr zu gratulieren. Wenn ich doch schon nicht hinfahre, um ihr eine Packung Rumkugeln zu überreichen. Der wohl einzigen Kleinigkeit, mit der man ihr eine Freude machen kann. Abgesehen natürlich von Balkonpflanzen.

Verdient hätte sie natürlich auch was Großes, aber wie Großeltern so sind, fangen sie zu schimpfen an, sobald man es wagt, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, nur um sie auf ihre alten Tage zu beschenken.

Meine Großeltern sind toll. Kleine Menschen mit großen Herzen. Meine Großmutter legte einst ihre deutsche Staatsbürgerschaft ab und konvertierte zum Judentum, als sie meinen Großvater kennenlernte, der als polnischer Jude gerade erst aus Ausschwitz geflohen war und sich barfuß bis nach Hamburg durchschlagen hatte.

Ich liebe sie sehr und meinem Opa habe ich einst das Versprechen abgeluchst, mindestens 120 Jahre alt zu werden. Sein Kommentar: "Was? Nur?!"

Donnerstag, 21. Juli 2011

Dit un' Dat

Vorgestern schlenderten der Mann und ich von unserem kleinen Einkaufsausflug (brauchte noch dringend ein paar formschöne Oma-Schlüppis, um es dem Wochenfluß so bequem wie möglich zu machen) an der arg belegten Straße entlang und vernahmen unvermittelt fröhliche, lautstarke, orientalische Musik. Weiter nicht ungewöhnlich, besonders nicht auf unserer Ecke. Trotzdem hält man instinktiv Ausschau nach dem Quell der Fröhlichkeit, man guckt und sieht und runzelt die Stirn, zupft dem Mann am Ärmel und fragt "Sag' mal, kommt die Musik aus dem Leichenwagen da vorne?" Und der Mann guckt und sieht und grinst und sagt "Sieht ganz so aus, wa?"
Der Fahrer des Leichenwagens, hinter dem herunter gekurbelten Fenster tanzt im Sitzen wie ein Bär, raucht sein Zigarettchen, singt lauthals mit und ich wette, hinten drin lag seine Schwiegermama. Der Mann tippt auf Ehefrau. Aber der Mann ist auch ein Blödmann. Manchmal zumindest.

Tags darauf, sprich gestern, machte ich mich auf zur zweiwöchentlichen Vorsorgeuntersuchung, füllte wie immer brav den Pipi-Pott, bestieg die Wage, zeigte meinen Blutdruck her, ließ drei Tropfen Blut, kletterte auf den Stuhl und legte mich zum CTG und Ultraschall darnieder. Alles schick, alles gesund, nichts auffällig, nächster Termin am 3.August. Dann aber gibt es noch eine Überweisung für das auserwählte Krankenhaus, damit auch die noch einen Blick werfen können auf Fruchtwasser, Durchbltung und Co. Nur zur Sicherheit und mir soll es Recht sein; den Angaben meiner Ärztin trau ich seit dem angeblichen Schrumpfen meines Sohnes nicht mehr so recht über den Weg.

Heute hatte ich dann meinen ersten Termin zur geburtsvorbereitenden Akupunktur; wahnsinnig unspektakuläre Sache, die ihren Nutzen hoffentlich dennoch nicht verfehlen wird. Und morgen geht es dann auf ein Letztes ins Endokrinologikum, um ein letztes Mal röhrchenweise Blut zu lassen. Schade drum ist es nicht, denn so nett mein Diabetologe und meine Diabetesberaterin auch sein mögen, die Damen im Labor sind eher sub-charmant. Ich werde sie nicht vermessen, die biestig dreinschauenden Zackzack-Damen.

Danach bin ich mit einer meiner zahlreichen ehemaligen Mitbewohnerinnen verabredet, die ich das letzte mal Heiligabend 2009 traf und die keinen blassen Dunst hat, dass ich im Moment 'ne (ruhige) Kugel schieb. Hat sich am Telefon einfach nicht ergeben zu erwähnen, so blöde das auch klingen mag. Unser Gespräch war mehr so ein männliches "Um 10 am Astraeck?" - "Jo." - Telefonat.

Und das war's irgendwie auch schon wieder. Im Westen nichts neues, quasi. Ein bisschen Wohnungsputz steht noch auf der heutigen To-Do-Liste, eine Ladung Wäsche will gewaschen werden und 2-3 Menschen haben ihren Besuch angekündigt, um meine beruflichen Künste ein letztes Mal vor der Entbindung in Anspruch zu nehmen.

Wie sagte mein Diabetologe neulich so wahr? Es herrscht erhellende Langeweile.
Sie haben ja so Recht, Herr Doktor. Lassen Sie uns hoffen, dass es so bleibt.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Krabbeldecken

Seit Ende Januar schon stehe ich zwar noch in Lohn und Brot, muss dafür allerdings, dem ketterauchenden Chef sei Dank, keinen Finger mehr krumm machen. Die ersten zwei bis drei Wochen fand ich das sogar noch alles ganz toll, immerhin hab ich mir ordentlich den Buckel krumm geschuftet, hatte es nur Feiertagen zu verdanken, mal zwei Tage am Stück frei machen zu dürfen und Urlaub gab es ohnehin niemals nie länger als zwei Wochen. Man könnte also durchaus behaupten, ich war harte Arbeit gewohnt und der Schlendrian kam mir wohl gelegen.

Nur habe ich schon (fast) immer die Meinung vertreten, der Mensch sei nicht zum Nichts tun gemacht. Das bringt nur komische Gedanken und eingebildete Wehwehchen und so musste also eine Aufgabe her. Irgendwas schönes, kreatives, möglichst zeitintensives. Und so beschloss ich, trotz fehlender Kenntnisse und Fertigkeiten, eine Krabbeldecke für den Nachwuchs zu nähen. In Ermangelung einer Nähmaschie per Hand, versteht sich. So richtig old-school, mit Nadel und Faden. Und weil ich auch für sämtlichen anderen Zubehör so wenig Geld wie möglich lassen wollte, gönnte ich mir nur noch Stecknadeln und ein Trickmarker. Zur Zeichnung einer Vorlage, zum Zuschneiden des Stoffes mussten ein Holzlineal, das es mal als Werbegeschenk gab und eine simple Schere herhalten. Zum basteln einer Schablone bediente ich mich dem... ähh... Papiercoverbogen...oder wie auch man es bezeichnen mag, der in Handelsüblichen DVD/CD Rohlingen zu finden ist. Praktischerweise haben die nämlich die Maße 12x12 cm, also genau was ich brauchte. So klebte ich das gute Stück einfach auf ein größeres Stück Pappe (es war der Karton meines zuvor bestellten Still-Bhs) , schnitt ab, was von der Pappe abstand und verstärkte die Ränder mit schnödem Malerkrepp. Improvisation ist schließlich die halbe Miete, fehlt es schon an Professionalität.

Und dann malte ich Umrisse auf zuvor gekaufte (und natürlich gewaschene) Baumwollstoffe, schnitt, baute kleine Häufchen, steckte zusammen und dann nähte ich und nähte ich und nähte ich. Und nur wenige, mir aber endlos erscheinende Wochen später war sie fertig, meine erste handgenähte Krabbeldecke:

Photobucket

Als die Wunden an den Fingerkuppen verheilt und verhornt waren, dachte ich mir "Och, eine geht doch noch!" zumal Decke #1 relativ dick gefüttert und somit nicht wirklich zu Besuchen ins Oma-Land geeignet ist.

Also ging es auf in Runde 2 und wieder kaufte ich, wusch ich, malte ich auf, schnitt aus, bildete Häufchen, steckte zusammen und nähte mir die Finger blutig bis 2 Wochen später auch Krabbeldecke #2 fertig war:

Photobucket

Zwischendurch erschuf ich noch Schnuffel-Pilz und Schnuffel-Eule, die zwar schon fotografiert, aber noch nicht auf den Rechner umgebettet wurden, die Armen.

Jetzt noch 4 Sofakissenhüllen für die Couch des Liebsten (gemeinsame Wohnung, getrennte Zimmer - genial funktionierendes System) und dann kann der kleine Mann sich in meinem Bauch auch langsam mal ausgerudert haben. Find ich. So abstrakt der Gedanke auch bleibt, dass er bald neben mir in seinem Beistellbett liegen wird.

Ob er wohl Haare haben wird? Und braune Augen? Meine waren bei der Geburt braun und schon ungefähr so groß wie heute. Sein Papa hingegen sah bis ins Kleinkindalter aus wie das Zwiebackbaby.

Nunja, wir werden es rausfinden. Gespannt bin ich allemal. Auf alles.

Dienstag, 12. Juli 2011

Schöne neue Welt

Nach 6 Jahren, die die Zuckerwattenwelt erst mehr, dann weniger liebevoll gepflegt und gehegt wurde, wurde es nun also Zeit für einen Umzug an neue Ufer.

Hier und da will bestimmt noch etwas verrückt, angepasst, verschoben, hinzugefügt oder auch entfernt werden, aber so im Großen und Ganzen ist die neue Welt bezugsfertig, finde ich.

Insofern: Hereinspaziert, macht es euch gemütlich, sofern sich keine Schuhe an den Füßen befinden, dürfen sie sogar auf den Tisch gelegt werden und ich setze derweil das Zwiegspräch mit meinem Nachwuchs fort, der schon jetzt Grenzen auslotet, wenn auch nur bezüglich der Dehnfähigkeit seiner Bauchwohnung.

Gehabt euch wohl, demnächst mehr.